Special Report Bodenverbrauch

Wissenschaftsbericht belegt: Massiver Bodenverbrauch in Österreich stellt große Gefahr für Ernährungssicherheit, Artenvielfalt und Klima dar

Das renommierte Austrian Panel on Climate Change (APCC) hat sich in einem aktuellen Bericht (Special Report) mit dem Bodenverbrauch in Österreich im Zusammenhang mit der Klimakrise auseinandergesetzt. Der Bericht zeigt klar auf: Die massive Zerstörung wertvoller Böden ist eine Bedrohung für die Ernährungssicherheit in Österreich. Die Studienautor:innen fordern daher einen verantwortlichen Umgang mit der Ressource Boden ein.

Österreichs Böden bilden die Grundlage für unsere Nahrungsproduktion, sauberes Trinkwasser, Naturräume und Siedlungsentwicklung. Derzeit werden in Österreich täglich 12 Hektar verbraucht. Ein maßvoller Umgang mit wertvollen Böden und damit verantwortungsvoller Bodenschutz ist aber für eine funktionierende Landwirtschaft, wie auch für die Abdämpfung der Auswirkungen des Klimawandels und den Erhalt der Artenvielfalt unerlässlich. Bleibt es bei der aktuellen Entwicklung, könnte dies zu erheblichen Schwierigkeiten für die heimische Landwirtschaft und damit auch für die Sicherstellung der Lebensmittelversorgung mit österreichischen Produkten führen.

Die Bundesregierung hat mehrere Bodenschutz-Initiativen umgesetzt: Neben der Stärkung der Ortskerne wird über das Klimaschutzministerium erstmals die Entsiegelung gezielt gefördert. Das bedeutet, dass versiegelte Flächen wieder aufgebrochen und der Natur zurückzugegeben werden. Das Klimaschutzministerium legt überdies einen Schwerpunkt auf Brachflächen, damit Industriestandorte wiederverwendet werden können. Mit der Moorschutzinitiative AMooRe wird zudem ein Beitrag zur Wiedervernässung von wertvollen Feuchtgebieten geleistet. Darüber hinaus wurde mit dem Klimacheck des ASFINAG-Bauprogramms dem Problem der übermäßigen Versiegelung im hochrangigen Straßenbau Rechnung getragen. Und: In der Umweltverträglichkeitsprüfung wurden neue Kriterien den Flächenfraß betreffend eingeführt.

Im Fokus des Special Reports stehen die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen, die örtliche Raumplanung im ländlichen und urbanen Raum – Stichwort Zersiedelung – sowie die ökologische und klimatische Bedeutung der österreichischen Wälder. Ebenfalls Teil der Analyse sind klare Handlungsoptionen für Entscheidungsträger:innen. Die Finanzierung des Berichts erfolgte über den Klima- und Energiefonds.

„Wenn in Österreich so weiter betoniert wird, dann haben künftige Generationen keinen Quadratmeter fruchtbaren Boden mehr übrig, um Getreide oder Gemüse anzubauen. Wir haben es in der Hand, diese Entwicklung aufzuhalten und eine Wende zum Besseren einzuleiten – mit wirksamem Bodenschutz. Überdies ist Bodenschutz auch wirksamer Hochwasserschutz, Artenschutz, Klimaschutz und somit schlussendlich Menschenschutz. Viele Österreicher:innen wünschen sich von Gemeinde- und Länderverantwortliche entsprechende Handlungen und Vorgaben - ähnlich fordern es heute namhafte Klimawissenschaftler:innen. Verlieren wir also keine Zeit: Jetzt ist der beste Zeitpunkt, um unsere wertvollen Böden zu schützen.“, sagt Vizekanzler Werner Kogler.
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler ergänzt: „Bodenschutz ist Klimaschutz. Leider ist die Situation beim Zubetonieren in Österreich äußerst prekär. Wir müssen aufhören, unsere wertvollen Böden zu zerstören. Denn jeden Tag werden in Österreich rund 12 Hektar Boden verbraucht – das sind rund 16 Fußballfelder. Der Bericht zeigt deutlich: Es gibt auf allen Ebenen genug Möglichkeiten um den traurigen Titel Österreichs als „Europameister im Zubetonieren“ loszuwerden.“
„Die Anpassung unserer Landwirtschaft an den Klimawandel ist entscheidend für die Zukunft unserer Lebensmittelsicherheit. Durch nachhaltige Anbaumethoden können wir die Auswirkungen der Klimakrise mindern. Das beinhaltet sowohl Entscheidungen auf der Ebene der Betriebe als auch das individuelle Konsumverhalten.“, betont Leitautor des APCC-Berichts Robert Jandl.

Zentrale Untersuchungsergebnisse

  • Der Bodenverbrauch und damit der Verlust an wertvollen Bodenfunktionen ist in Österreich zu hoch. Das gefährdet die heimische Artenvielfalt und die Ernährungssicherheit, außerdem verstärkt es die Auswirkungen der Klimakrise.
  • Der Biodiversitätsverlust ist alarmierend. Bodenschutz und eine nachhaltige Bewirtschaftung sowohl von land- als auch forstwirtschaftlichen Flächen schafft hier Abhilfe.
  • Die Intensität der Landnutzung hat erheblichen Anteil am Biodiversitätsverlust und am Klimawandel. Eine extensive, nachhaltige Nutzung sowie Maßnahmen zur Klimawandel-Anpassung können hier entgegenwirken.

Problemfeld Bodenfraß

Die Bodeninanspruchnahme in Österreich ist enorm. Die größte jährliche Landnutzungsänderung findet auf Kosten von landwirtschaftlichem Grund durch den Siedlungsbau statt. Die Bodeninanspruchnahme findet an vielen verschiedenen Orten gleichzeitig statt und hat insgesamt eine große Wirkung. Produktive Böden in ebenen Tallagen sind wichtig für die Produktion von Lebens- und Futtermitteln, um die unabhängige, selbstständige Versorgung von Österreich zu gewährleisten. Gleichzeitig sind gerade diese Böden für Siedlungs- und Infrastrukturprojekte attraktiv. Klimaregulierende Bodeneigenschaften werden dabei ignoriert. Die Bodenqualität soll daher als Entscheidungskriterium in der örtlichen Raumplanung, auf Gemeinde- und Länderebene, explizit verankert werden.

Handlungsempfehlungen gegen Bodenfraß

Bekenntnis von Ländern und Gemeinden zu einem verantwortlichen Umgang der Ressource Boden als zentrales Element der Raumordnung:

  • Innerstädtische und innerörtliche Verdichtung statt Zersiedlung im Umland
  • Vernetzung von Grünelementen und Grünflächen im urbanen Bereich, auch um mehr Frischluftschneisen zu schaffen
  • Erweiterung der Wirkmächtigkeit der Planungsinstrumente gemäß den jeweiligen Raumordnungsgesetzen der Bundesländer über die Verordnung von entsprechenden Plänen und Programmen
  • Effizientere Ressourcennutzungen

Problemfeld Ernährungssicherheit

Die Landwirtschaft ist einer der vom Klimawandel am stärksten betroffen Sektoren. Gleichzeitig sind die biologischen Bodenfunktionen für eine funktionierende Landwirtschaft essentiell. Am stärksten bedroht vom Bodenfraß sind landwirtschaftliche Haupt-Produktionsflächen im Osten von Österreich: Sie werden durch den Klimawandel wesentlich an Produktivität einbüßen. Die Anbaugebiete werden sich nach Westen bzw. in höhere Lagen verschieben. Trotz dieser zu erwartenden geografischen Veränderungen bleibt der Bedarf an landwirtschaftlichen Flächen unvermindert hoch. Das heißt, ein zusätzlicher Bodenverbrauch verschärft das Problem zunehmend.

Handlungsempfehlungen für gestärkte Ernährungssicherheit

  • Bodenverbrauch massiv reduzieren
  • Stärkung der nachhaltigen Landwirtschaft, die einen ressourcenschonenden Umgang mit wertvollen Böden hat
  • Klimabedingter Verschiebung von Anbauflächen entgegentreten. Das kann über die Nutzung von Ackerflächen funktionieren, indem die Lebensmittelproduktion verstärkt gefördert wird.

Problemfeld Wald

Österreichs Wälder gilt es weiter zu schützen. Denn sie sind zentrale Orte der heimischen Artenvielfalt und haben eine wichtige Schutzfunktion – gerade angesichts der durch die Klimakrise zunehmenden Extremwetterereignisse (Sturm, Dürre, Waldbrände).

Handlungsempfehlungen Wald

  • Konsequenter Erhalt von Schutzwäldern
  • Wahl geeigneter Baum(misch)arten und Vorkehrungen gegen Störungen (Schädlinge, Feuer), um die Rolle des Waldes als Rohstoffquelle für die Bioökonomie und als Lebensraum für Biodiversität erhalten zu können
  • Diversifizierung der Baumartenzusammensetzung und Altersstruktur der Wälder zur Erhöhung der Resilienz der Wälder

Der APCC Special Report Landnutzung und Klimawandel in Österreich wurde im Auftrag von und aus Mitteln des Klima- und Energiefonds finanziert.