Laborgestützte Umweltüberwachung

Art und Umfang der laborgestützten Umweltüberwachung ist gemäß § 125 Strahlenschutzgesetz 2020 in einem Arbeitsprogramm festgelegt. In dessen Rahmen bestimmt die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) im Auftrag des BMK regelmäßig den Radioaktivitätsgehalt in diversen Umweltmedien wie zum Beispiel in der Luft, im Niederschlag und in Oberflächengewässern sowie im Klärschlamm und in Futtermitteln.

Ursprung der gemessenen Radioaktivität

Der Großteil der gemessenen Radioaktivität ist natürlichen Ursprungs und überall in der Natur zu finden. Die Untersuchungen werden durchgeführt, um zu sehen, wie sich der Anteil der künstlichen Radionuklide in der Umwelt entwickelt. Künstliche Radionuklide in der Natur sind auf atmosphärische Atomwaffentests, den Reaktorunfall in Tschernobyl und Nuklearanlagen bzw. Nuklearanwendungen zurückzuführen.

Umweltproben 2022
Umweltproben 2022, Foto AGES

Anzahl an Umweltproben 2022:

Gemessene Radioaktivität

Luftfilter

Einer der wichtigsten Wege, auf denen sich Radioaktivität in der Umwelt verteilen kann, ist über die Luft. Denn durch Luftströmungen können radioaktive Partikel über weite Strecken transportiert werden. Daher ist die Messung von Radioaktivität in der Luft eine der bedeutendsten Aufgaben, die im Rahmen der Umweltüberwachung durchgeführt werden. Radioaktive Partikel in der Luft werden österreichweit an zehn Standorten gesammelt.

Radioaktivität in der Luft
Radioaktive Partikel in der Luft werden an zehn Standorten (Bregenz, Innsbruck, Salzburg, Sonnblick, Linz, Klagenfurt, Graz, Straß, Retz, Alt-Prerau, Wien) gesammelt, Foto AGES

Die meisten radioaktiven Stoffe in der Luft sind an Tröpfchen oder Partikel (Aerosole) gebunden. Bei der Probenahme wird Luft durch einen Filter gesaugt. Die Tröpfchen und Partikel bleiben dabei auf dem Filter hängen und werden gesammelt. An einigen Standorten werden zusätzlich spezielle Sammelgeräte betrieben (Wien, Linz und Innsbruck), um auch gasförmige Radionuklide, wie etwa radioaktives Iod, nachweisen zu können.

Die Besaugung der Luftfilter findet über einen Zeitraum von einer Woche statt. Danach werden die Luftfilter getauscht und an die Radioaktivitäts-Messlabore der AGES übersendet. Die Filter werden in entsprechende Messbehälter gepresst und es folgt eine Messung auf hochempfindlichen Detektoren. Die Expertinnen und Experten der AGES werten die Messergebisse aus und melden außergewöhnliche Messwerte sofort an die zuständigen Bundesministerien. Pro Jahr werden etwa 800 Proben für die Luftüberwachung gesammelt und analysiert.

In der Luft werden vor allem natürliche Radionuklide nachgewiesen. Diese entstehen aus dem radioaktiven Edelgas Radon oder werden in der Atmosphäre durch Strahlung aus dem Weltall erzeugt (kosmogene Radionuklide). Das bedeutendste kosmogene Radionuklid ist Beryllium-7. Neben den natürlichen Radionukliden wird regelmäßig auch das künstliche Radionuklid Cäsium-137 in der Luft nachgewiesen. Cäsium-137 stammt größtenteils vom Reaktorunfall in Tschernobyl 1986 und ist heute noch messbar. 

Im direkten Vergleich liegt die Menge von künstlicher Radioaktivität weit unter der natürlichen. So ist zum Beispiel die Aktivität von Cäsium-137 (künstlich) im Vergleich zu Beryllium-7 (natürlich) je nach Jahreszeit um das Hundert- bis Zehntausendfache niedriger.

Oberflächenwasser

Zu den Oberflächenwässern zählen sowohl Flüsse als auch Seen. Bei Reaktorunfällen können radioaktive Substanzen über den Kühlkreislauf in Oberflächenwässer gelangen. In so einem Fall würden diese radioaktiven Partikel durch Flüsse über weite Strecken und auch grenzüberschreitend transportiert. Daher erfolgt in Österreich eine Beprobung von Flusswasser vor allem beim Grenzübergang in das Bundesgebiet. An großen Flüssen findet ebenso eine Probenahme beim Abfluss aus Österreich statt, um sicherzustellen, dass in Österreich keine Ableitung von Radionukliden in das Wasser erfolgt ist. 

Die Proben werden im Allgemeinen monatlich als Stichproben entnommen. Zusätzlich erfolgen bei einigen Flüssen Probenahmen mit automatischen Sammelgeräten. Oberflächenwasser wird österreichweit an 19 Standorten beprobt. Im Durchschnitt werden pro Jahr 285 Oberflächenwasserproben gesammelt und analysiert.

Radioaktivität in Oberflächenwassern
Oberflächenwasser wird österreichweit an 19 Standorten beprobt, Foto AGES

Kläranlagen

Das Abwasser und der Klärschlamm aus Kläranlagen können Aufschluss über jene Radionuklide geben, die im Abwasser von Betrieben, medizinischen Einrichtungen, Forschungseinrichtungen, Haushalten etc. enthalten sind.

In diesen Proben werden zum Beispiel Radionuklide nachgewiesen, die in der Nuklearmedizin zu diagnostischen und therapeutischen Zwecken eingesetzt werden und hauptsächlich über Ausscheidungen der Patientinnen/Patienten in die Kläranlagen gelangen, wie zum Beispiel Gallium-67, Iod-123, Iod-131, Indium-111, Lutetium-177, Technetium-99m, Thallium-201 und Thallium-202. Jährlich werden etwa 130 Proben zur Überwachung von Kläranlagen gesammelt und analysiert.

Niederschlag

Durch Luftströmungen können radioaktive Partikel über weite Strecken transportiert werden. Niederschlag (Regen, Schnee etc.) kann diese Partikel aus der Luft auswaschen. Daher gilt der Niederschlag als aussagekräftiger Indikator für die Verbreitung von Radioaktivität in der Umwelt. Die Messung von Radioaktivität im Niederschlag ist folglich eine wichtige Aufgabe im Rahmen der Umweltüberwachung. Niederschlag wird österreichweit an neun Standorten gesammelt.

Radioaktivität im Niederschlag
Niederschlag wird an neun Standorten (Bregenz, Innsbruck, Salzburg, Linz, Klagenfurt, Graz, Retz, Wien, Eisenstadt) gesammelt, Foto AGES

Der Niederschlag wird über einen Zeitraum von einem Monat gesammelt und danach an die Radioaktivitäts-Messlabore der AGES übermittelt. Hier werden die Niederschlagsproben in der Regel eingedampft und die dabei entstandenen Rückstände in entsprechende Messbehälter gepresst. Die Messung erfolgt mit hochempfindlichen Detektoren. Die AGES meldet außergewöhnliche Messwerte sofort an das BMK.

Im Niederschlag werden typischerweise die Radionuklide Tritium, Beryllium-7 und Cäsium-137 nachgewiesen. Das heute in der Umwelt vorhandene Tritium ist teilweise kosmogenen, teilweise künstlichen Ursprungs. „Kosmogen“ bedeutet, dass das Tritium durch Teilchenstrahlung aus dem Weltall in der Erdatmosphäre erzeugt wird. Die atmosphärischen Kernwaffenversuche der 1950er und 1960er Jahre sind die Hauptquelle für den künstlichen Tritium-Anteil. Das regelmäßig im Niederschlag nachgewiesene Cäsium-137 stammt größtenteils aus dem Reaktorunfall von Tschernobyl. Pro Jahr werden circa 100 Proben für die Niederschlagsüberwachung gesammelt und analysiert.

Futtermittel

Futtermittel sind ein wichtiger Bestandteil der Nahrungskette und können einen Einfluss auf den Radionuklidgehalt in Lebensmitteln haben. Daher werden sie im Rahmen der laborgestützten Umweltüberwachung regelmäßig von der AGES untersucht.

Die Probenahme erfolgt stichprobenartig und jährlich werden ungefähr 50 Proben von Futtermitteln aus unterschiedlichen Futtermittelklassen analysiert. Darunter befinden sich beispielsweise auch Vitamine und Mineralstoffe.

Überwachung und Zusammenarbeit

Durch die Überwachung von Luft, Niederschlag und Oberflächenwässern können auch geringfügige Erhöhungen der Radioaktivität in der Umwelt festgestellt und diese sofort dem zuständigen Bundesministerium gemeldet werden. Treten auffällige Messwerte auf, so werden diese im europäischen und internationalen Rahmen über die EU und die IAEA ausgetauscht und die Bevölkerung wird informiert. Zusätzlich stehen die Radioaktivitätslabore weltweit auch in direktem Kontakt zueinander und tauschen sich aus.

Nähere Details zur Umwelt- und Lebensmittelüberwachung in Österreich sind im Bericht Radioaktivität und Strahlung in Österreich zu finden.

Tipp

Laborgestützten Umweltüberwachung gemäß § 125 Strahlenschutzgesetz 2020 (→ RIS)